Unsere Autorin träumt schon länger davon, mehr als nur Deo selber zu machen. Naturkosmetikerin Franziska Barrett bestärkt sie in ihren Plänen. Einfach wird es nicht, das ist schnell klar.
Unsterblich verliebt in einen Tagtraum
Bilder ― zvg
Text ― Nina Kobelt
«Ich brauchte Stunden, um die Blüten dafür zu sammeln, wer hätte gedacht, dass es so schwierig ist, eine anständige Menge Margritli zu finden!»
Ich bin ja seit Längerem verliebt in eine Idee: Ich sehe mich im wehenden Sommerkleid über Wiesen schweben, da und dort ein Blümlein oder Gräslein zupfen und auch mal eine Wurzel ausgraben. Mit einem Korb voller Blütenpracht verschwinde ich dann jeweils in der Küche und köchle und rühre und destilliere ätherische Öle und Hydrolate (damit fange ich den Duft der Pflanzen ein und ein bisschen auch ihren fröhlichen Geist, so stelle ich mir das vor). Die schönsten Gerüche, die besten Wirkstoffe, alles, was ich mag – keine Kosmetik in Plastikflaschen und Dosen kann so etwas ersetzen.
Die Realität sieht ja ein bisschen anders aus: Ich stelle zwar regelmässig Deocreme her (aus Maisstärke, Natron und Kokosöl). Ich habe einen ganzen Vorrat an Rotöl, mit dem ich meinen Muskelkater behandle (und die Haut weich mache). Im Sommer stapfe ich durch Wiesenblumenfelder, ich pflücke dann und wann ein paar Blätter und letzthin machte ich sogar eine Gänseblümchentinktur. Ich brauchte Stunden, um die Blüten dafür zu sammeln, wer hätte gedacht, dass es so schwierig ist, eine anständige Menge Margritli zu finden! Ich hatte erst Erfolg, als ich auf dem Höhenweg unter den Churfirsten entlangging, es war ein semi-gutes Gefühl, ein bisschen so, als ob die sieben Toggenburger Berge mich missbilligend betrachteten. Ich liess selbstverständlich an allen Stellen viele, viele Blümchen stehen.
Aber ich schweife ab, meine Gedanken fliegen wieder durch die Lüfte, grad ein bisschen so wie die Flugschirme des Löwenzahns. In Wirklichkeit geriet ich letzte Woche in Panik, weil der Flasche mit Gesichtsöl aus Korsika nur noch ein paar Tropfen zu entlocken waren. Ich schwöre, ich sehe jünger aus, seit ich das Wundermittel mit Immortelle benutze, einer silberglänzenden Strohblume, die den kargsten Böden trotzt. Und unsterblich macht, ja, ja!
Die Flasche war leer, und so stand ich wie so oft vor einem dieser Regale und kaufte ein. Cremes, Sälbeli, Lippenstifte. Steht irgendwo «natürlich» drauf oder «organic», mutiere ich sofort zu einem willenlosen Kaufopfer, vergesse alle Sommerträume vom Selbersammeln. Früher, und ich meine damit: vor zwanzig Jahren oder so, war das weniger ein Problem, es gab Weleda und Dr. Hauschka, und die Gesichtscreme meiner Mutter.
Heute bieten sogar die Grossverteiler Naturkosmetik an. Und ich, ich greife freudig zu. Oder bestelle online, zum Beispiel Kartoffelbalsam aus Österreich, meine Hände überstehen keinen Winter ohne diese beste Handcreme der Welt.
Aber oft denke ich: Es wäre schon sehr cool, eine Creme und vielleicht noch eine Lippenpomade zu haben, die ich selber hergestellt habe.
Also rufe ich Franziska Barrett an. Die Berner Oberländerin hat die Liebe und Faszination für die Kräuterwelt von ihrem Urgrossvater, sagt sie. Dieser hat noch mit Schweinefett gearbeitet. Sie nicht. Aber sie besinnt sich auch auf alte Werte. Sie ist unter anderem Naturkosmetikerin und bietet Kurse an, schöne Kurse wie «Feuerbalsam im Wald rühren» oder «Naturkosmetik basic». Nächsten Mai startet sogar ein ausgedehnter Workshop, der an neun Tagen stattfindet.
Franziska Barrett stellt ihre Kosmetik aus verschiedenen Gründen selber her. Deos, Fichtenharzbalsam, Ölauszüge (Rotöl zum Beispiel) und Tinkturen. Naturseifen (statt Duschgel etwa).
«Ich finde es gut, wenn ich weiss, was in der Kosmetik drin ist. Was ich mache, muss nicht kompliziert sein. Im Gegenteil: Es soll in jedem Haushalt umsetzbar sein.» Franziska Barrett gibt lieber ihr Wissen weiter, als dass sie ihre Produkte auf den Markt wirft. Zum Beispiel möchte sie vermitteln, dass man viel Geld spart, wenn man seine eigene Kosmetik herstellt, und: «Man kann alles individuell anpassen. Das finde ich spannend.» Einfache Produkte, sagt sie, sind schnell gemacht, manchmal für einen Monat oder einen Halbjahresvorrat.
Was wie lange hält, kann man nicht verallgemeinern. «Es ist etwas kompliziert», sagt Franziska Barrett, «ein Produkt hält so lange wie der Rohstoff, der am wenigsten lange frisch ist.» Lieber kleine Mengen machen, sagt sie. Und sauber arbeiten.
Ich denke natürlich sofort an die Gänseblümchentinktur, die ich für das Kräuterseminar gemacht habe, leider ist mir entfallen, wofür ich sie dann verwendet habe, Gesichtswasser?
Zwei, drei Tropfen im Lippenbalsam, sagt die Naturkosmetikerin, sind okay. Tinkturen sieht sie aber eher als Heilmittel, die gezielt eingesetzt werden sollten. Für den Balsam schlägt sie etwas Öliges vor, einen Ringelblumenauszug zum Beispiel. Oder eben einen Gänseblümchenauszug, der macht die Lippen schön.
Während sie erzählt, dass sie auf Spaziergängen oder Wanderungen immer etwas «einpackt», stelle ich mir schon eine Liste zusammen mit Pflanzen, die ich schwebend sammeln werde. Vielleicht sogar in meinem Garten.
Franziska spricht von Allrounder-Pflänzli. Für sie sind das Ringelblume, Hopfen, Lavendel, Echte Kamille, Salbei, Zitronenmelisse.
Und Brennnesseln. Von ihnen sammle ich eine ganze Einkaufstasche voll (einen grossen Korb wie in meinem Tagtraum besitze ich gar nicht), bin mir dann aber nicht sicher, was ich damit machen soll. Also koche ich Suppe statt eine Körpercreme.
Das macht sicher auch eine schöne Haut.
Lippenbalsam
6 g Bio-Jojobaöl
3 g Bio-Bienenwachs
5 g Bio-Sheabutter
Jojobaöl und Bienenwachs (Alternativ 3 g Beerenwachs oder 2,5 g Sonnenblumenwachs) im Wasserbad vorsichtig schmelzen, Sheabutter hinzufügen. Weiterschmelzen, bis eine klare Flüssigkeit entsteht. Sofort in die leere und saubere Lippenstifthülse füllen (als Alternative nimmt man eine kleine Aludose oder ein kleines Schraubglas).
Die Weiterbildung mit Franziska Barrett findet an neun Tagen ab Mitte Mai 2024 statt.
‣ inforama.ch/weiterbildung/naturkosmetik
Ihr Blog «Chrut u Beeri»:
‣ chrutubeeri.ch